Diisocyanate

Diisocyanate sind eine wichtige Substanzklasse bei der Herstellung und Anwendung polyurethan(PUR)-haltiger Materialien. Aufgrund ihrer technischen Eigenschaften finden Diisocyanate in vielen Branchen der BGETEM, wie nachfolgend dargestellt, in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen Verwendung.

Anwendung

Verwendung (Beispiele)

Vergießen

  • elektronische Baugruppen, wie z. B Transformatoren, Sensoren, Chips, Schalter, Stecker, Leiterplatten, Kondensatoren und Kabelmuffen
  • Formteile (z. B. Skateboardrollen)

Schäumen

  • Ausschäumen von Tür- und Fensterrahmen
  • Verschließen von Rissen in Bauwerken
  • Verpackungen
  • Dichtungen
  • Matratzen
  • Polster für Sitzmöbel
  • Sitzschalen für orthopädische Anwendungen
  • Schalldämmmaterialien
  • Einsetzen von Sicherungskästen

Kleben

  • Druckweiterverarbeitung
  • Schuhherstellung
  • Fahrzeuginnenausstattung
  • Bodenbeläge

Beschichten

  • Holz- und Holzwerkstoffbeschichtungen
  • Textilkaschierung
  • Lackierung
  • Automobilherstellung
  • Korrosionsschutz
  • Versiegelungen

In der Regel werden Diisocyanate in 2-Komponenten-Systemen verwendet. Sie bestehen aus einem Binder (Harz) und einem Härter. Der Binder enthält hauptsächlich Polyalkohole, die nicht als Gefahrstoffe eingestuft sind. Als Härter kommen hauptsächlich folgende Diisocyanate zum Einsatz.

  • Methylendiphenyldiisocyanat (MDI)
  • Hexamethylendiisocyanat (HDI)
  • Toluoldiisocyanat (TDI) und
  • Isophorondiisocyanat (IPDI)

Je nach Anwendungsgebiet können Zusatzstoffe, wie z. B. Quarz, zugesetzt werden.

Die Diisocyanate sind als atemwegs- und hautsensibilisierend eingestuft, wobei die atemwegssensibilisierende Wirkung im Vordergrund steht.

Eine Besonderheit der Diisocyanate ist, dass auch durch Hautkontakt die Atemwege sensibilisiert werden können. Eine typische Erkrankung in diesem Zusammenhang ist das sogenannte Isocyanat-Asthma.

Des Weiteren wirken sie reizend auf die Atemwege. Eine hohe Gefährdung durch Einatmen kann insbesondere bei Spritz- oder Heißanwendungen vorliegen.

Einige Diisocyanate stehen im Verdacht krebserzeugend zu sein (eingestuft als "karzinogen Kategorie 2").

Eine dermale Gefährdung durch Hautkontakt kann beim Handhaben von noch nicht vollständig ausreagierten Produkten, durch kontaminierte Oberflächen oder das Nachbearbeiten (z. B. Schneiden, Schleifen) von Erzeugnissen erfolgen.

Bei der Handhabung von diisocyanathaltigen Produkten ist insbesondere mit einer Brandgefahr zu rechnen, wenn am Arbeitsplatz entzündbare Hilfsstoffe (z. B. Lösemittel) verwendet werden oder Stäube entstehen können. Auch durch die Reaktionswärme, Betriebsstörungen oder falschem Mischungsverhältnis der Komponenten kann es zu Bränden kommen.

Explosionsgefahren sind insbesondere zu erwarten, wenn entzündbare Lösemittel zum Einsatz kommen und die Bildung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre nicht ausgeschlossen werden kann.

Mit der Verordnung (EU) 2020/1149 wurde eine REACH-Beschränkungsregelung für Diisocyanate verabschiedet. Sie gilt für gewerbliche Produkte, die Diisocyanate in einer Konzentration ab 0,1 Gew.-%. enthalten. Die Verordnung sieht Beschränkungen zum Inverkehrbringen, zur Abgabe und zur Weiterverwendung der Produkte vor. Alle industriellen oder gewerblichen Anwender von Diisocyanaten sind ab dem 24.08.2023 verpflichtet für Beschäftigte, die Tätigkeiten mit Diisocyanaten ausführen, ergänzende Schulungsmaßnahmen durchzuführen. Der Umfang der Schulungen (3 mögliche Stufen) richtet sich nach dem Gefährdungspotenzial am Arbeitsplatz. Ohne die Durchführung der in der Verordnung geforderten Schulungen, ist die Tätigkeit mit Diisocyanaten ab dem 24.08.2023 nicht mehr erlaubt. Die geforderten Schulungen ersetzen nicht die Unterweisung der Beschäftigten.

Verordnung (EU) 2020/1149 der Kommission vom 3. August 2020 zur Änderung von Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) hinsichtlich Diisocyanaten (Text von Bedeutung für den EWR)

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32020R1149

Technische Regeln für Gefahrstoffe/Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe
https://www.baua.de/DE/Angebote/Regelwerk/TRGS/TRGS.htm

  • TRBA/TRGS 406 "Sensibilisierende Stoffe für die Atemwege"
  • TRGS 430 "Isocyanate - Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen"
  • Katalog der Expositionsszenarien zur TRGS 430

DGUV Informationen, Fachbereich AKTUELL und DGUV Empfehlung für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen
Weitere Informationen zu Diisocyanaten auf der DGUV-Webseite in den nachfolgend aufgeführten Schriften.

  • DGUV Information 213-078 "Polyurethane Isocyanate" (M 044)
  • DGUV Information 213-731 "Vergießen elektronischer Bauteile mit Vergussmassen, die Methylendiphenyldiisocyanat (MDI) enthalten" - Empfehlungen Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (EGU) nach der Gefahrstoffverordnung, verfahrens- und stoffspezifisches Kriterium (VSK) nach der TRGS 420
  • DGUV Information 213-715 "Verwendung von reaktiven PUR-Schmelzklebstoffen bei der Verarbeitung von Holz, Papier und Leder" - Empfehlungen Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (EGU) nach der Gefahrstoffverordnung
  • Fachbereich AKTUELL FBRCI-024: "Verpflichtende Schulungen bei Tätigkeiten mit Diisocyanathaltigen Produkten - Handlungshilfe"
  • DGUV Empfehlung für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen "Isocyanate" (früher: Grundsatz G 27)

Schulungsmaterialien für Tätigkeiten mit Diisocyanaten
Online-Plattform: https://www.safeusediisocyanates.eu/de/

Zur Durchführung der Schulungen bieten einige Verbände Unterstützung an, z. B.

Fragen und Antworten zur REACH-Beschränkungsregelung sind auf der Webseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in der Publikation "Beschränkung von Diisocyanaten unter REACH: Was industrielle und gewerbliche Verwender und Lieferanten beachten müssen" veröffentlicht.

IPA-Studie zum Arbeits- und Gesundheitsschutz bei Tätigkeit mit diisocyanathaltigen Materialien
https://www.dguv.de/ipa/publik/ipa-studie/diisocyanat_studie/index.jsp

Messdatenauswertungen zur Exposition
Das IFA hat Messdatenauswertungen zur Exposition gegenüber den Diisocyanaten HDI, IPDI, MDI und TDI sowie dem Gesamt-NCO-Gehalt (TRIG) an deutschen Arbeitsplätzen (Datenzeitraum: Januar 2010 bis Dezember 2019) veröffentlicht.
DGUV-Webseite

Handschuhempfehlung der BG BAU für Diisocyanate

Medienportal der BG ETEM
Zwei Mustergefährdungsbeurteilungen und verschiedene Musterbetriebsanweisungen sind auf dem Medienportal der BG ETEM zu finden.

  • Mustergefährdungsbeurteilung „Vergießen von Kondensatoren (S017-01)“
  • Mustergefährdungsbeurteilung "Einsetzen von Sicherungskästen (S017-20)"
  • Musterbetriebsanweisung "Netzbau, Montage - Vergießen einer Kabelmuffe (B002)"
  • Musterbetriebsanweisung "Polyurethan-Klebstoff (B077)"
  • Musterbetriebsanweisung "Polyurethan-Vorstrich (B081)"
  • Musterbetriebsanweisung "Harze, Schäume, Spachtel, Füllmasse und Härter (B092)"
  • Musterbetriebsanweisung "Gefahrstoffbezeichnung B-Komponente (B110)"
  • Musterbetriebsanweisung "Kleben mit PUR-Hotmelt (B116)"
  • Musterbetriebsanweisung "Buchbinderei - Arbeiten an einer Klebebindemaschine - Verarbeitung von PUR-Hotmelt (B207)"

Dr. Stefanie Labs
Telefon: +49 (0) 221 3778 6138
E-Mail: labs.stefanie@bgetem.de

Ute Kutscher
Mobil: +49 (0) 163 3615869
E-Mail: kutscher.ute@bgetem.de

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