Elektrische Gefährdungen

Auswirkungen von Stromunfällen sind i. Allg. schwerwiegender als der Durchschnitt aller Arbeitsunfälle. Der Anteil tödlicher Stromunfälle, bezogen auf die meldepflichtigen Stromunfälle, liegt etwa 20 Mal höher als der Anteil tödlicher Arbeitsunfälle an allen meldepflichtigen Arbeitsunfällen. Daher ist es wichtig, Stromunfällen mit technischen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen gezielt vorzubeugen. Die elektrischen Primärgefährdungen sind die Körperdurchströmung und Gefährdungen durch Störlichtbögen.

Elektrische Gefährdungen können grundsätzlich von allen stromführenden Leitungen und elektrischen Anlagenteilen wie z. B. Schaltanlagen ausgehen. Diese Gefährdungen sind jeweils in der vom Unternehmer zu erstellenden Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen und entsprechende Schutzmaßnahmen festzulegen. Die Broschüre der IVSS "Elektrische Gefährdungen ‑ Ermittlung und Bewertung von Gefährdungen; Festlegen von Maßnahmen" gibt Hilfestellungen für die Gefährdungsbeurteilung.

Bei Arbeiten an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln ist die DGUV Vorschrift 3 "Unfallverhütungsvorschrift Elektrische Anlagen und Betriebsmittel" einzuhalten (bisher: BGV A3). Darüber hinaus enthält die DGUV Information 203‑001 "Sicherheit bei Arbeiten an elektrischen Anlagen" (bisher: BGI 519) eine genauere Betrachtung der elektrischen Gefährdungen sowie eine Beschreibung geeigneter Schutzmaßnahmen, wie den "fünf Sicherheitsregeln".

Werden unter Spannung stehende Teile von elektrischen Anlagen direkt berührt oder wird der erforderliche Schutzabstand unterschritten, kann es zu einem gefährlichen Stromfluss durch den menschlichen Körper kommen. Bereits eine Annäherung kann ausreichen, sodass es zu einem Überschlag kommt und Strom durch den menschlichen Körper fließt. Dieser Stromfluss kann die inneren Organe und deren Funktionstüchtigkeit schädigen. Beispielsweise kann eine Körperdurchströmung die körpereigenen Muskelsteuerungen, die Tätigkeit des Herzens und die Atmung außer Kraft setzen. Das Ausmaß der Schädigung wird durch die Stromstärke, die Dauer der Durchströmung, den Stromweg im Körper und die Frequenz des Stroms bestimmt.

Arbeiten an Anlagen oder Betriebsmitteln in WEA, wie z. B. Montage, Reinigung o. ä., sind grundsätzlich im spannungsfreien Zustand auszuführen. Dazu sind die fünf Sicherheitsregeln vollständig und der Reihe nach umzusetzen. Um auch an Kondensatoren und Kabeln den spannungsfreien Zustand zu gewährleisten, müssen diese mit geeigneten Betriebsmitteln entladen werden. Kondensatoren sind zusätzlich kurzzuschließen. Teile der Anlage, die nach dem Freischalten noch unter Spannung stehen, müssen gegen Berühren geschützt werden (z. B. durch isolierende Abdecktücher).

Genauere Informationen zu elektrischen Gefährdungen in WEA sowie geeignete Schutzmaßnahmen, insbesondere zum Berührungsschutz gegen Körperdurchströmung sind in der DGUV Information 203‑007 "Windenergieanlagen" enthalten.

Ein Störlichtbogen ist ein technisch unerwünscht auftretender Lichtbogen zwischen elektrischen Anlagenteilen. Ein Lichtbogen ist eine Gasentladung zwischen zwei Elektroden. Er entsteht bei ausreichend hoher elektrischer Spannung und Stromdichte durch (Teil-) Ionisation der im Gas enthaltenen Atome oder Moleküle (Plasmabildung). Die im Plasma enthaltenen freien Ladungsträger führen zu einer hohen elektrischen Leitfähigkeit des Gases. Durch die große elektrische Leistung und hohe Temperatur des Lichtbogens kommt es zu einer starken Lichtwirkung verbunden mit einer kräftigen Druckwelle mit lautem Knall. Brennbare Gegenstände in unmittelbarer Umgebung können Feuer fangen und es können große Schäden angerichtet werden. Die mit einem Störlichtbogen verbundene thermische Strahlung oder der Kontakt mit heißen Stoffen führt zu starken Schädigungen.

Beschreibungen der thermischen Gefährdungen im Zusammenhang mit Störlichtbögen sowie Unterstützung bei der Auswahl der notwendigen persönlichen Schutzausrüstung gegen Störlichtbögen (PSAgS) sind in der DGUV Information 203‑077 "Thermische Gefährdung durch Störlichtbögen" (bisher: BGI 5188) enthalten.

Zur Verhütung von Lichtbogengefährdungen sind bei Errichtung und Betrieb elektrischer Anlagen Maßnahmen zu treffen, die eine Lichtbogenzündung ausschließen (z. B. Isolierungen) oder die Auswirkungen auftretender Lichtbögen verringern (z. B. lichtbogenfeste Abdeckungen).

Restrisiken gegen die Auswirkungen von Störlichtbögen können mit dem Einsatz von PSAgS verringert werden. Hilfe bei der Auswahl der PSAgS bietet die DGUV Information 203‑077 "Thermische Gefährdung durch Störlichtbögen" (bisher: BGI 5188). Das darin enthaltene Arbeitsblatt zur Unterstützung bei der Auswahl der PSAgS kann hier heruntergeladen werden.

Elektrische Anlagen und Betriebsmittel an und auf WEA dürfen nur von Elektrofachkräften oder von elektrotechnisch unterwiesenen Personen unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft geprüft werden. Das Prüfergebnis bewertet den Zustand der Windenergieanlage abschließend und wird im Prüfbericht dokumentiert. Die Veröffentlichung der BG ETEM "Prüfungen an Windenergieanlagen nach DGUV Vorschrift 3 - Handlungsempfehlung für Betreiber und Prüfer" listet ohne Anspruch auf Vollständigkeit die typischen elektrischen Anlagen und Betriebsmittel von WEA und die gemäß § 5 der DGUV Vorschrift 3 notwendigen elektrischen Prüfungen auf.

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